BETONINNOVATIONEN: MEILENSTEINE ODER STÜCKWERK?

Innovationen im Betonbau zielen vor allem auf mehr Nachhaltigkeit ab. Insbesondere sollen CO2-Emissionen gesenkt werden. Darüber hinaus sollen zur Ressourcenschonung Abbruchbeton und Gesteinskörnungen im Kreislauf gehalten werden. Technische Normen und Umweltgesetzgebung nehmen dabei unterschiedliche Blickwinkel ein.

Beton ist beliebt, aber auch umstritten. Er ist einer der meistgenutzten Baustoffe der Welt und kann universal eingesetzt werden. Durch die Verwendung von Zement, bei dessen Herstellung CO2 emittiert wird, ist er aber auch zunehmend Thema im Kampf gegen den Klimawandel. Zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele muss der Umweltfussabdruck von Betonkonstruktionen reduziert werden. Hier sind Wissenschaft und Branche gefordert, entsprechende Innovationsförderung zu betreiben.

Wissenschaft und Branche sind gefordert, Innovationsförderung im Bereich Betonkonstruktionen zu betreiben.

Moderne Sortieranlage für Bauschutt in der Bodenwaschanlage in Péry im bernerischen Jura.

ANSATZ 1: SUBSTITUIERUNG DER AUSGANGSSTOFFE

Ein Schwerpunkt der Fortschritte in den vergangenen Jahren betrifft die Bewirtschaftung der Ausgangsstoffe. Sie machen mengenmässig den grössten Anteil im Beton aus. Neben den klassischen Quellen aus Kiesgruben werden vermehrt Gesteinskörnungen aus Aushub- und Bodenwaschanlagen eingesetzt. Es ist sinnvoll, diese Gesteinskörnungen zu verwenden, wenn sie mit ihren technischen Eigenschaften den gestellten Anforderungen genügen. Das Gleiche gilt für rezyklierte Gesteinskörnungen aus Beton- und Mischabbruch, die aus dem Rückbau von Gebäuden gewonnen werden. Moderne Sortieranlagen, die unter anderem auch mit optischen Sensoren arbeiten, gewinnen aus den Rückbaumaterialien nahezu sortenreine Produkte für die weitere Verwertung.

Seit einigen Jahren werden Verfahren zur Schnellcarbonatisierung von zementösen Bestandteilen angewendet. Dabei wird das gebrochene Granulat mit CO2 in Kontakt gebracht, wodurch dieses mit dem Zementstein zu Calciumcarbonat, einem natürlichen Gesteinsmineral, reagiert. Das CO2 wird so dauerhaft gebunden und der Atmosphäre entzogen. Die carbonatisierte Gesteinskörnung kann wie jede andere Gesteinskörnung verwendet werden.

Im Bereich der Bindemittel gibt es laufend neue Zemente, die sich durch niedrigere Klinkergehalte auszeichnen. Die Klinkerherstellung ist der CO2-intensive Produktionsschritt. Neben den klassischen und normierten Zementen gibt es Entwicklungen von Bindemitteln, die anstelle der in Kombination mit Portlandzementklinker eingesetzt werden. Diese alternativen Bindemittel benötigen im Herstellungsprozess deutlich niedrigere Temperaturen und könnten, zumindest teilweise, aus Abfallprodukten der Kiesproduktion gewonnen werden.

Recyclen und Verwerten von Stoffen sollten mit dem Begriff Kreislaufprodukt zusammengefasst werden.

Prototyp eines von einem 3D-Betondrucker hergestellten Baukörpers

ANSATZ 2: NEUE VERFAHRENSTECHNIKEN UND MATERIALEINSPARUNG

In vielen Bereichen der Industrie hat sich der 3-D-Druck etabliert. Im Betonbau gibt es dazu erste Ansätze in der Vorfabrikation oder auf Baustellen. Erste Schritte wurden mit dem Erstellen von Wänden gemacht. Zur Materialeinsparung und damit auch zur Reduktion von Emissionen erfolgen Versuche mit dem Erstellen von Wabenstrukturen, die bei Bedarf mit klassischem Beton gefüllt werden. Eine weitere Anwendung ist die Erstellung von passgenauen Aussparungskörpern, die im Bauwerk verbleiben. Diese verlorenen Schalungen sparen Beton in Bereichen ein, in denen dieser aus statischen Gründen nicht benötigt wird. Als Betonprodukt können diese verlorenen Schalungen beim Rückbau zusammen mit dem Beton verwertet werden.

ANSATZ 3: NORMEN UND REGELWERKE OPTIMIEREN

Ein weiterer Hebel zu mehr Nachhaltigkeit und einer besseren Kreislaufwirtschaft sind technische Normen, aber auch Regelwerke aus dem Umweltschutz. Dabei werden die Begriffe Recycling und Verwertung als Synonyme verwendet. Dies wird den Definitionen der beiden Begriffe
nicht gerecht. Recyclen und Verwerten von Stoffen sollten mit dem Begriff Kreislaufprodukt zusammengefasst werden. Das Ziel jedes Kreislaufproduktes muss sein, dass es nachhaltig ist, dass es das Ende der geplanten Lebensdauer ohne Schäden erreicht. Zurzeit sind Normen bzw. Normergänzungen in der Vernehmlassung, die die Zulassung neuer Produkte im Bereich Bindemittel und Zusatzstoffe ermöglichen werden.

So soll die Bereitstellung von Betonsorten mit kleinerem CO2-Fussabdruck ermöglicht werden, welche sich besonders durch reduzierte Zementgehalte auszeichnen. Aber auch die Festigkeit kann im Fokus stehen, sodass z.B. schlankere Bauteile ihren Beitrag an nachhaltigeren Bau
leisten.