ABBAU UND DEPONIE NACHHALTIG PLANEN

Der Umgang mit Abbau, Deponien und den damit verbundenen Transporten ist für eine nachhaltige Schweiz entscheidend. Einige dieser Herausforderungen haben sich akzentuiert und verlangen nach neuen Antworten. Die Baustoffrückgewinnung sowie die Kreislaufbetrachtung gilt es dabei stärker zu gewichten. Im Kanton Bern besteht mit dem Sachplan ADT eine Grundlage, die Umsetzung in Bezug auf die Kreislaufwirtschaft erfolgt aber noch zaghaft, auch aufgrund noch offener raumplanerischer Fragen.

Gastbeitrag von Dr. Daniel Wachter, Vorsteher Amt für Gemeinden und Raumordnung (AGR) des Kantons Bern

Abbau, Deponie und die damit verbundenen Transporte (ADT) sind aufgrund der wirtschaftlichen Bedeutung und ihrer Auswirkungen auf Raum und Umwelt äusserst relevant für die nachhaltige Entwicklung der Schweiz. Diese Erkenntnis ist nicht neu. So verfolgt etwa der heute noch geltende Sachplan ADT des Kantons Bern von 2012 nachhaltige Ziele, wie den haushälterischen Umgang mit den natürlichen Kiesressourcen oder eine möglichst weit- gehende Schonung von Mensch, Landschaft, Natur und Umwelt beim Abbauen, Verarbeiten, Entsorgen und Transportieren. In den letzten Jahren haben sich jedoch einige Herausforderungen akzentuiert, die nach neuen Antworten verlangen.

Diversifiziertes Recyclinggeschäft wie am Beispiel des Kiesabbaustandorts Jaberg Bergacher bringt einen hohen Platzbedarf mit sich. Diesen gilt es mit Blick auf Rekultivierungsfristen umsichtig zu planen.

KREISLAUFWIRTSCHAFT UND «NETTO-NULL»

Die Kiesindustrie sowie der Bau- und Immobiliensektor stehen in einem schwierigen Spannungsverhältnis zu der heute geforderten Umstellung auf erneuerbare Ressourcen und der Zielsetzung von Netto-Null-CO2-Emissionen bis 2050. Die Branche ist gefordert, sich vermehrt der Wiederverwertung von bereits verbauten Rohstoffen und der deutlichen Verminderung von Klimagasemissionen zuzuwenden.

Welche Rolle soll künftig der materialintensive und viel graue Energie beanspruchende Ersatzneubau spielen? Welcher Stellenwert kommt künftig der Wiederverwendung und der Erneuerung bestehender Bausubstanz zu? Unser Land, das sich immer mehr in Richtung «10-Millionen-Schweiz» bewegt, wird für die nötigen zusätzlichen Wohnungen und Infrastrukturen weiter (neu) bauen müssen. Trotzdem benötigt die Schweiz eine konsistente Strategie, die den Stellenwert der Baustoffrückgewinnung und der Kreislaufbetrachtung – zulasten der Rohstoffextraktion und der Deponierung – deutlich stärker gewichtet.

Grossbaustellen in Städten wie das unterirdische Kreiselbauwerk in Bern Wankdorf sorgen für Einschränkungen und Emissionen und verlangen Anwohnenden und Verkehrsteilnehmenden viel Verständnis ab.

Weiterverarbeitung und Triage von Kies und Sand am Kiesverarbeitungs- und Recyclingstandort in Sutz-Lattrigen

Die Raumplanung wird sich des Baustoffrecyclings künftig proaktiv annehmen und planerisch tragfähige Lösungen entwickeln müssen.

Zumindest im Kanton Bern stehen wir diesbezüglich noch eher am Anfang. Zwar thematisiert der Sachplan ADT von 2012 das Baustoffrecycling durchaus. Einer seiner 22 Grundsätze verlangt, dass mineralische Bauabfälle so weit als möglich und sinnvoll zu Recyclingbaustoffen aufzubereiten und zu verwerten seien. Bei Arbeiten der öffentlichen Hand seien – im Rahmen des geltenden Submissionsrechts – geeignete Recyclingbaustoffe als Kiesersatz auszuschreiben und offerieren zu lassen. Die Umsetzung erfolgt aber bislang eher zaghaft. In der Zukunft werden wir eine ambitioniertere Kreislaufstrategie für den Bausektor benötigen.

BAUSTOFFRECYCLING ALS PLANUNGSGEGENSTAND

Eine konsequente Ausrichtung auf die Kreislaufwirtschaft und das Baustoffrecycling wirft jedoch Fragen zur Raumplanung auf. Während eine Abbaustelle oder Deponie als standortgebunden gilt und grundsätzlich ausserhalb der Bauzonen Platz findet, ist dies beim Baustoffrecycling anders. Raumplanungsrechtlich gilt das Baustoffrecycling als industriell-gewerbliche Tätigkeit, die in Arbeitszonen unterzubringen ist. Eine Ansiedlung in der Abbaustelle, wie dies in den letzten Jahren immer öfters der Fall war, ist nur unter Einschränkungen möglich. Die Raumplanung wird sich des Baustoffrecyclings künftig proaktiv annehmen und planerisch tragfähige Lösungen entwickeln müssen.

In der Schweiz benötigen wir dringend eine Diskussion darüber, in welchen Strukturen künftig über ADT-Planungen entschieden werden soll. 

PLANUNGEN UMSETZEN

Gute Strategien und Planungen müssen am Ende umgesetzt werden können. Indem jede ADT-Planung bis auf eine Nutzungsplanung und eine Baubewilligung heruntergebrochen werden muss, kann ein noch so gut austariertes ADT-Vorhaben in einer Gemeindeversammlung abgelehnt oder über Rechtsmittelverfahren blockiert werden.

Gemäss einem vom AGR bei der Kanzlei Konstruktiv (Rudolf Muggli) in Auftrag gegebenen Rechtsgutachten erlaubt das Bundesrecht den Kantonen jedoch eine Vielzahl von organisatorischen Regelungen: von der Kantonalisierung der Nutzungsplanung bis zur horizontalen Kompetenzverschiebung, von der Gemeindelegislative bis zur Exekutive. In der Schweiz benötigen wir dringend eine Diskussion darüber, in welchen Strukturen künftig über ADT-Planungen entschieden werden soll.

Damit entsprechende Reformen nicht an geballten Gegnerschaften scheitern, ist eine nachhaltige, breit abgestützte Strategie des ADT-Bereichs jedoch eine zwingende Voraussetzung.